Heute möchte ich mich noch einmal mit dem Phänomen der modernen industriellen Nahrungsmittelherstellung und Werbung beschäftigen.
Als Beispiel dafür eignet sich gut die altbekannte Margarine.
Durch die Brille der modernen Lebensmittelindustrie betrachtet, degenerieren Lebensmittel zu reinen Nährstoffkonzentraten.
Der qualitative Unterschied zwischen Lebensmitteln ist kaum zu erkennen. Ob ein Lebensmittel verarbeitet ist oder ursprünglich spielt diesbezüglich keine Rolle.Die Butter wird hier zu cholesterinhaltigem Fett herabgestuft.
Der Fokus auf die Nährstoffe rechtfertigt die Weiterverarbeitung von Nahrungsmitteln, denn hier wird der Eindruck vermittelt, bei einer intelligenten Anwendung der Lebensmitteltechnologie könnten Lebensmittel zu etwas noch nahrhafteren gemacht werden, als das Original.
Das ist zum Beispiel bei der Margarine passiert.
Die Margarine starte im 19.Jahrhundert als billiger und minderwertiger Ersatz für Butter.
Als in den 1950er Jahren die Lipid-Hypothese (was das genau ist, lernt ihr unter anderem im Kurs ) aufkam, wurde den Herstellern klar, dass sie ihr Produkt mit ein bisschen basteln schnell als bessere Butter vermarkten könnten. Butter mit schlechten Nährstoffen (Cholesterin und gesättigte Fette) auf der einen Seite gegen die gute Margarine (mehrfach ungesättigte Fettsäuren, Vitamine) auf der anderen Seite.
Jedes Mal, wenn festgestellt wurde, dass der Margarine etwas fehlte, wurde der entsprechende Nährstoff einfach dazu gepackt – und trara wieder war alles gut, alles kein Problem.
Natürlich gelang es den Wissenschaftlern nicht ein annähernd so intelligentes Kunstprodukt zu basteln wie das Original: die Butter.
Es stellte sich schnell heraus, dass es einen Preis für die Errungenschaft der künstlichen Fetthärtung gibt:
Die Trans-Fette! Heute wissen wir, dass sie gefährlicher sind als die gesättigten Fette, die sie ersetzen sollten.
Aber das Unglaubliche ist die Möglichkeit, einfach weiter an der Margarine umzubauen, bis alle Transfette weg sind und die Vermarktung weitergeht. Der Knaller, dass die Hauptbestandteile Herzinfarkt und Krebs auslösen könnten wird nun scheinbar durch das Untermischen von gutem Olivenöl wettgemacht.
Noch immer kennen wir nicht alle Geheimnisse der Zusammensetzung guter Butter. Die auch davon abhängt, wie die Kuh, deren Produkt sie letztendlich ist, gelebt und gefressen hat.
Ein Schelm wer denkt, dass es für alles einen Zusammenhang gibt.
[dieser Text gründet teilweise auf Inhalten des Buches von Michael Pollan: Lebensmittel, Goldmann-Verlag]